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Das Spital-Magazin

Auf IN FORMA erfahren Sie Neues über das Spital Oberengadin sowie über die Entwicklungen im kantonalen und schweizerischen Gesundheitswesen. 
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GEBALLTE KOMPETENZ IM NOTFALLZENTRUM OBERENGADIN

Ein neuer Leitender Arzt und drei Mentoren

GEBALLTE KOMPETENZ IM NOTFALLZENTRUM OBERENGADIN

GEBALLTE KOMPETENZ IM NOTFALLZENTRUM OBERENGADIN

21. August 2024

 

 

Die Situation des Fachkräftemangels in der Schweiz hat überproportional zugenommen, was vor allem im Oberengadin zu spüren ist. Dies veranlasste Dr. med. Michel Conti, Chefarzt Chirurgische Klinik, nach anderen Lösungen zu suchen und damit auch etwas Innovation ins Spital Oberengadin zu bringen.

 

 

 

Seit einigen Jahren arbeitet das Spital Oberengadin im Notfallzentrum mit dem Mentoring-System. Die Integration von zwei emeritierten Chefärzten und eines Facharztes, die als Mentoren für Assistenzärztinnen und -­ärzte dienen und Kaderärztinnen und ­-ärzte entlasten, öffnet dem Spital die Tür zu einer Reihe von Vorteilen. In diesem Jahr ist Dr. med. Paul Martin Sutter zum Team gestossen. Sein Wissen und seine Erfahrung auf dem Gebiet der Traumatologie sind bemerkenswert. Er ist zudem ATLS­ Ausbilder und verstärkt das Chirurgie­Team und den Notfall.

 

 

Es ist kein Geheimnis – der Schweiz fehlt es an ausgebildeten und erfahrenen Fachkräften im Gesundheitswesen. In den Spitälern fehlt den Kaderärztinnen und ­-ärzten oft die Zeit, sich um die Assistenzärztinnen und ­-ärzte zu kümmern. Die Folge sind lange Wartezeiten für Patientinnen und Patienten sowie überbelastete Kaderärztinnen und -­ärzte. Eine innovative Antwort auf die Herausforderungen der Ausbildung im Gesundheitswesen bietet das Spital Oberengadin mit seinem Mentoring-­Projekt. Dieses führte zwei pensionierte Chefärzte und ein Facharzt ein, die als Mentoren für Assistenzärztinnen und ­-ärzte wirken und so die Ausbildungsqualität steigern.

 

 

Ein vielversprechendes Konzept

Das Konzept ist einfach und effektiv: Zwei emeritierte Chefärzte und ein Facharzt, die über langjährige klinische Erfahrung verfügen, bieten an zwölf Tagen im Monat Unterstützung und Anleitung für die Assistenzärztinnen und ­-ärzte im Notfall der Chirurgie an. Dieser Ansatz hat gleich mehrere Vorteile. Die jungen Ärztinnen und Ärzte profitieren von der Kontinuität und der direkten Erreichbarkeit erfahrener Kollegen während des gesamten Tages. Dies führt zu einem stressfreieren Arbeitsumfeld und zu einer konzentrierteren und produktiveren Arbeitsweise. Die Patientinnen und Patienten wiederum profitieren von kürzeren Wartezeiten und einer besseren klinischen Beurteilung. Die betreuenden pensionierten Chefärzte und der Facharzt sind auch bei kleinen notfallmässigen Eingriffen involviert.

 

Jerome P. Kassirer, MD Tufts university school of Medicine Boston, US

«Our job as educators is to continue evolve our teaching methods in the hope, that our students become more efficient and more accurate problem solvers and make fewer cognitive errors.»

Das Mentoring-Projekt basiert auf grundlegenden eigenen Erfahrungen im Gebiet der «General Surgery» eines Regionalspitals und einem bei uns wenig bekannten Ansatz aus den Niederlanden. Die Erprobung mit Anpassungen an unsere Realität fand in Regionalspitälern im Tessin statt (initiiert durch Dr. Paul Biegger, langjähriger Chefarzt Chirurgie La Carità, Locarno). Diverse Publikationen (SAEZ, NZZ) beschreiben die Methode und die Resultate. Denn junge Assistenzärztinnen und ­-ärzte erhalten professionelle Unterstützung, um ihr theoretisches Wissen praktisch effizient anwenden zu können. Speziell geeignet dafür ist die Notfallstation, wo bedrohliche Zustände und auch sogenannte Bagatellen umgehend erkannt und möglichst zügig behandelt werden müssen. Mentoring erweist sich als ideal, nicht nur für Akademikerinnen und Akademiker, sondern entspricht auch der heute üblichen Art des Umgangs zwischen verschiedenen Generationen. Neben professionellem Input wird zudem grosser Wert auf eine partizipative Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten gelegt. Eine autoritäre Instruktion wird vermieden. Es wird in einem kollegialen interaktiven Setting gearbeitet. Diese Methodik scheint zukunftsträchtig und speziell für Regionalspitäler geeignet.

 

Bessere Patientenversorgung auf der Notfallstation

 

Die Ausbildung von Assistenzärztinnen und -­ärzten ist nicht nur für die jungen Mediziner von entscheidender Bedeutung, sondern auch für die Qualität der Patientenversorgung. Im Spital Oberengadin werden alle Patientinnen und Patienten unmittelbar von den verantwortlichen Assistenzärztinnen und -­ärzten und ihren Mentoren beurteilt. Dies gewährleistet eine qualitativ hochwertige Betreuung. Der enge Austausch zwischen den Assistenzärztinnen und ­-ärzten und den Mentoren fördert die Sicherheit und das Vertrauen der jungen Mediziner in ihrer täglichen Arbeit. Für die Spitalführung sind die Qualität der medizinischen Versorgung und die Ausbildung ihrer Ärztinnen und Ärzten von zentraler Bedeutung. Das hochdynamische Gesundheitswesen erfordert zukunftsorientiertes Denken und Handeln. Das Spital Oberengadin geht diesem Anspruch nach, indem es innovative Bildungsansätze entwickelt, um die Bedürfnisse nach hochwertiger Weiterbildung zu erfüllen.

 

 

 

Eine Win­Win­ Situation

 

Die pensionierten Chefärzte, Dr. Paul Biegger und Prof. Dr. Hans ­Peter Simmen, und der erfahrene Facharzt Dr. med. Bernd Gächter (u.a. auch Leitender Arzt Chirurgie im Regionalspital La Carità, Locarno) tragen wesentlich zur erfolgreichen Umsetzung des Mentoring­-Projekts bei. In einem Spital in einer Tourismusregion, das saisonalen Schwankungen und erhöhten Frequenzen ausgesetzt ist, bietet ihre Tätigkeit eine beruhigende und motivierende Wirkung und entlastet die Notfallstation stark. Ihre Anwesenheit wird von Kaderärztinnen, Assistenzärzten, Pflegefachpersonal und den Patientinnen und Patienten gleichermassen begrüsst. 

Biegger, Simmen und Gächter betonen die Wichtigkeit der Lehre in der Chirurgie und die Faszination, junge Menschen für dieses Fach zu begeistern. Sie schätzen die Möglichkeit, ihre langjährige Erfahrung und Menschenkenntnis an die nächste Generation weiterzugeben und dadurch einen wertvollen Beitrag zur medizinischen Ausbildung zu leisten.

 

 

Unterstützung durch Spitalleitung

 

Im Laufe der Jahre baute Conti ein starkes chirurgisches Team auf: Als Leitende Ärzte traten in die Reihen Dr. med. Cesare Marazzi, Dr. med. Samuel Haupt und zuletzt in diesem Jahr Dr. med. Paul­ Martin Sutter. Das Team befürwortet dieses Mentoring­ Projekt, das für alle beteiligten Parteien eine Bereicherung im Alltag ist.

 

Wir stellen Ihnen noch den neuesten Mitarbeiter im Team vor: Dr. med. Paul­ Martin Sutter. Er ist neben seiner Funktion als Leitender Arzt am Spital Samedan auch Chef und Präsident von «Advanced Trauma Life Support Switzerland» (ATLS Schweiz). Schon in jungen Jahren war für ihn klar, dass seine Berufung in der Chirurgie liegt. Die menschliche Anatomie, Pathophysiologie und die Möglichkeit, Leben zu retten und Menschen zu heilen, faszinierten ihn von Kindesbeinen an. Seitdem hat sich viel getan.

 

Die Welt der Chirurgie und Traumatologie hat sich im Laufe der Jahre dramatisch weiterentwickelt. Sutter erinnert sich an eine Zeit, in der laparoskopische Eingriffe noch unbekannt waren und Operationen wie die Entfernung der Gallenblase, Blinddarmoperationen und Dickdarmeingriffe mit grossen Schnitten durchgeführt wurden. Patientinnen und Patienten verbrachten nach einer Gallenblasenoperation bis zu zehn Tage im Krankenhaus. Heutzutage sind viele dieser Eingriffe dank minimalinvasiver Techniken ambulant möglich. Dabei ist Teamwork wichtig.

 

Die Bedeutung des Teams

 

In der heutigen komplexen und hochspezialisierten Welt der Medizin ist die Teamarbeit von entscheidender Bedeutung. Sutter hebt hervor, dass die Zeiten, in denen ein einzelner Arzt alles allein erledigen konnte, vorbei sind. Mit der Reduzierung der Arbeitszeiten ist es für junge Mediziner schwierig geworden, eine breite Ausbildung zu erhalten, da sie sich auf spezielle Teilbereiche ihrer Fachrichtung konzentrieren müssen. Dies erhöht die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachgebieten, um sicherzustellen, dass Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung erhalten. Das Engagement von Sutter geht aber noch weiter.

 

 

 

Die Verschmelzung von Erfahrung und Leidenschaft

 

Er engagiert sich leidenschaftlich für ATLS Switzerland (Advanced Trauma Life Support Schweiz), ein Programm zur Schulung von Ärztinnen und Ärzten zur Versorgung von Schwerverletzten in den entscheidenden Minuten und Stunden auf der Notfallstation. Dieses weltweit anerkannte Programm wurde 1978 in den USA entwickelt und wird mittlerweile in über 100 Ländern unterrichtet. Sutter ist seit 2002 Präsident von ATLS Switzerland und hat dazu beigetragen, über 9’000 Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz in der Traumaversorgung auszubilden.

 

Das Spital Oberengadin hat einen innovativen Ansatz für die medizinische Ausbildung und die Patientenversorgung entwickelt, der auf breiter Ebene positive Auswirkungen hat.

 

Die Verbindung eines kompetenten Leitenden Arztes mit einem bahnbrechenden Mentoring­Projekt, bei dem pensionierte Chefärzte als Mentoren fungieren und eine grosse Stütze in der Notfallstation sind, ist wegweisend für die zukünftige Entwicklung des Gesundheitswesens. Dieses Projekt verbessert nicht nur die Qualität der Ausbildung junger Mediziner, sondern steigert auch die Versorgungsqualität und Sicherheit der Patientinnen und Patienten im Spital Oberengadin. In einer Zeit, in der das Gesundheitswesen immer komplexer wird, ist diese Innovation ein Hoffnungsschimmer für die Zukunft der medizinischen Versorgung in der Schweiz. Zudem gewinnt dadurch die Weiterbildungsstelle für Chirurgie zusätzlich an Attraktivität.