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Das Spital-Magazin

Auf IN FORMA erfahren Sie Neues über das Spital Oberengadin sowie über die Entwicklungen im kantonalen und schweizerischen Gesundheitswesen. 
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Frischer Wind trifft auf grosse Bereitschaft

Interview mit Gerald Kurtz, REO

Frischer Wind trifft auf grosse Bereitschaft

Was war Ihr bisheriges Highlight bei der Rettung Oberengadin? 

 

Mein Highlight bisher war, in ein anfänglich etwas zurückhaltendes Team hineinzukommen, welches in der kurzen Zeit von sieben Monaten, Vertrauen gewonnen und mich aufgenommen hat. Es ist eine grosse Be­reit­schaft entstanden, bei Problemen mit anzu­packen, ­unseren Betrieb neu zu gestalten und vorwärtszubringen.

 

 

Was zeichnet die REO aus, so wie Sie sie bisher kennengelernt haben? 

 

Man könnte sagen «We are Family». In der REO unterstützt man sich gegenseitig. Die Teammitglieder gehen immer wieder über ihr Pensum hinaus, um die Ab­deckung des Tals zu gewährleisten. Wenn zum Beispiel abends eine Verlegung nach Chur ansteht, kommen Sie aus ihrer Freizeit für vier Stunden bis das Team aus Chur zurück ist, damit ein in dieser Zeit anfallender Notfall bewältigt werden kann. Eine solche Bereitschaft und dann noch mit einer solchen Selbstverständlichkeit; das findet man nicht an jeder Ecke. Man spürt die enge Verbundenheit, die die Teammitglieder mit dem Engadin haben. 

 

Wie war es für Sie, dieses eingespielte Team zu übernehmen?

 

Es ist das vierte Team, das ich übernommen habe und es ist immer spannend, in neue Mannschaften hineinzukommen und die verschiedenen Charaktere kennenzulernen. Jeder hat seine Eigenarten. Ich finde den Spruch «Beziehung ist alles» sehr treffend. Wenn man es schafft, gegenseitig eine gute und vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, ist das die Basis, um im Einsatz effizient und unterstützend miteinander zu arbeiten, aber auch kon­struktive Kritik anbringen zu können, ohne dass sich jemand angegriffen fühlt. Mir ist es wichtig, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten. Wir ziehen den Karren gemeinsam.

 

«Man spürt die enge Verbundenheit, die die Teammitglieder mit dem Engadin haben.»

Welche Herausforderungen haben sich bisher abgezeichnet?

 

Die Übergabe verlief etwas holprig, deshalb musste ich mir viele Informationen über Schnittstellen und Infrastrukturen selbst zusammensuchen. Andererseits ist dies ein tolle Chance, den Betrieb gemeinsam mit dem Team neu zu gestalten. In zwei Jahren steht die nächste Zertifizierung des Betriebs an, ohne die wir keine Transporte abrechnen könnten. Das heisst, dass bis dann unser Qualitätsmanagement und die Prozesse funktionieren müssen und das Betriebshandbuch stehen muss. Der Job ist für mich eine tolle Herausforderung, vor allem, wenn man so ein gutes Team im Rücken hat.

 

 

Wie sind Sie diese Herausforderung angegangen?

 

Grundsätzlich habe ich erstmal eine Auslegeordnung des Betriebs gemacht und eingeordnet, was welche Priorität hat. Ich habe abgebildet, wie wir den Betrieb strategisch und finanziell für die nächsten Jahre ausrichten und einen Budgetplan bis 2030 erstellt. Dann kommen natürlich noch die mittelfristigen Dinge und die Alltagspendenzen, die man ad hoc angehen muss.

 

 

Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit als Rettungssanitäter im Engadin von ihren bisherigen Jobs?

 

Die Rettungsdienste, in denen ich vorher war, waren jeweils die grössten im Kanton und direkt an ein Zen­t­rumsspital angeschlossen. Nun mit einem kleineren Rettungsdienst ist es schwieriger, Veränderungen und Anpassungen der Strukturen auf kantonaler Ebene zu erreichen.


Bei der Arbeit am Patienten ist es ebenfalls ein grosser Unterschied, dass kein Zentrumsspital in kürzester Zeit erreichbar ist, wie in strukturstarken Regionen. Das Spital Oberengadin deckt eine breite Palette ab, die Klinik Gut in ihrem Fachbereich ebenfalls, aber je nach Situation muss der Patient einfach über den Pass. Da spielen die regionalen Besonderheiten des Engadins eine grosse Rolle. Im Winter bei Nacht, Nebel und Schnee einen Patienten über den Pass zu bringen und dies noch so schnell wie möglich, ist eine sehr hohe Verantwortung für meine Teams.

 

 

 

Weshalb haben Sie sich für diesen Job im Engadin entschieden?

 

Ich kenne das Engadin seit acht Jahren und bin mit meiner Frau mindestens zweimal im Jahr hier gewesen. Zum Wandern, am 1. August oder zu Silvester. Dabei hat sich ein Bezug zum Engadin entwickelt. Ich liebe die Landschaft, das weite, offene Tal. Vor ein paar Jahren habe ich einmal zu meiner Frau gesagt, dass es mich sehr reizen würde, im Engadin zu arbeiten. Da aber mein Fokus seit über zehn Jahren im Leitungsbereich liegt und die Stelle immer besetzt war, ergab sich die Möglichkeit bisher nicht. Als die Stelle dann ausgeschrieben wurde, habe ich mich sofort beworben. Ich wünsche mir, dass ich die Chance habe, mit meinem Team den Betrieb in den nächsten Jahren weiterzuentwickeln und dass wir diesen Spirit, diese Verbundenheit zur REO und zum Engadin beibehalten. 

 

Konnten Sie das Engadin in Ihrer Freizeit bereits kennenlernen? 

 

Die Freizeit im Engadin ist toll, ob beim Motorradfahren oder beim Wandern, ich geniesse sie sehr. Punktuell läuft im Betrieb schon sehr viel. Wir haben aktuell durch drei Krankheitsausfälle einen starken Personalmangel, von denen das Team und auch ich einige Dienste übernehmen mussten. Aber das legt sich wieder. Insgesamt stimmt das Verhältnis absolut. Wenn ein Bürotag regulär endet, fahre ich mit dem Motorrad noch schnell auf den Bernina, trinke einen Kaffee und fahre wieder zurück. Man kann hier im Engadin viel besser abschalten und den Kopf freibekommen, als wenn man im Unterland nach der Arbeit noch eine halbe Stunde im Stau steht. Das ist wirklich Lebensqualität, die man hier im Engadin hat.

 

«Im Winter bei Nacht, Nebel und Schnee einen Patienten über den Pass zu bringen und dies noch so schnell wie möglich, ist eine sehr hohe Verantwortung für meine Teams.»

Zur Person

Gerald Kurtz ist 1977 in Trier, Deutschland geboren und aufgewachsen. Nach der Schule absolvierte er eine Ausbildung zum Energie­elektroniker und arbeitete im Baubetrieb seines Vaters. 1997 kam er über die Berufsfeuerwehr in den Rettungsdienst und etwas später zum Roten Kreuz, wo er die Ausbildung zum Rettungssanitäter machte. «Der Beruf als Rettungssanitäter hat mich gepackt. Es gefällt mir, mit Menschen zu arbeiten. Ich arbeite auch gerne unter Druck und der Beruf hat mir von Anfang an ein gutes Gefühl vermittelt,» sagt Kurtz. Nach über zehn Jahren in leitenden Positionen, in den Kantonen Aargau, Luzern und Solothurn wohnt er nun mit seiner Frau in Bever und ist Betriebsleiter der Rettung Oberengadin.