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Das Spital-Magazin

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Die Realität jenseits der Klischees

MÄNNER IN DER PFLEGE

Die Realität jenseits der Klischees

MÄNNER IN DER PFLEGE: Die Realität jenseits der Klischees

28. März 2024

 

 

Männer, die in der Pflege tätig sind, sind häufig Stereotypen und Vorbehalten ausgesetzt. Doch wenn man genauer hinsieht, offenbart sich eine Welt von Hingabe, Empathie und sinnstiftendem Handeln. Dominic Funk, der mutig den Weg in die Pflege eingeschlagen hat, berichtet im Interview von seinen Erfahrungen. Mit dem 34-jährigen, passionierten Sportler tauchen wir ein in die Welt der Pflege, brechen Geschlechterklischees auf und entdecken, wie ein Mann in diesem berührenden Beruf aufgeht.

 

 

 

Wie sieht dein Werdegang aus?

Mein beruflicher Weg ist recht unkonventionell. Nach der Wirtschaftsmittelschule in Baden habe ich Betriebsökonomie an der Fachhochschule Olten studiert. Im Anschluss habe ich mehrere Jahre in verschiedenen Branchen gearbeitet, unter anderem als Assistent des Abteilungsleiters bei einem Energieunternehmen und später als Asset Manager. Auch war ich in den Bereichen Mathematik und Statistik tätig. Doch irgendwann verspürte ich den Wunsch, etwas Bedeutsameres zu tun, bei dem ich direkt mit Menschen arbeiten konnte. Nach meinem Immobilien-Masterstudium durfte ich in Winterthur für die Immobilienstrategie der städtischen Alterszentren mitwirken. Dieser Einsatz führte mich schlussendlich zur Pflege.

 

Was hat dich dazu bewegt, die Ausbildung zum Pflegefachmann HF bei der SGO zu beginnen?

Da ich das Oberengadin als Region früher schon reizvoll fand, war die SGO für mich die naheliegende Wahl. Die atemberaubende Natur und die sportlichen Möglichkeiten hier haben mich schon immer begeistert. Als ich von der Möglichkeit hörte, mich zur Pflegefachkraft ausbilden zu lassen, war ich fasziniert und absolvierte gleich zwei Schnuppertage im Pflegeheim Promulins. Es war die Chance, etwas völlig Neues zu erleben und mich auf eine tiefgreifende Weise in die Gesellschaft einzubringen.

 

Welche Eigenschaften sind deiner Meinung nach entscheidend für den Pflegeberuf?

Das Wichtigste ist, Menschen zu mögen und Empathie zu zeigen. In der Pflege geht es darum, auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, Bewohnenden sowie Klientinnen und Klienten einzugehen. Es erfordert soziale Fähigkeiten und vor allem Herz.

 

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus? 

Ich arbeite im Pensum von 80 Prozent, momentan in der Spitex, was bedeutet, dass meine Tage sehr früh beginnen. Ich bin um 7 Uhr schon bei meiner ersten Klientin bzw. meinem ersten Klienten. Die meisten sind in der Region, nach kurzer Zeit kennt man sich schon gut und sie freuen sich auf meine Besuche. Es gibt sogar einige, die mir Schokolade oder selbstgemachte Nusstorten mitgeben möchten. Um 13 Uhr ist mein Arbeitstag dann schon vorbei. Ich nutze den Nachmittag oft für mein Training und die Schule. Ab 17 Uhr geht es dann auf zu den Abendeinsätzen.

 

Wie ist es für dich, als Mann in einem Beruf zu arbeiten, der traditionell von Frauen dominiert wird?

Heutzutage spielt das Geschlecht eigentlich keine Rolle mehr. Die Frauen in meinem Team akzeptieren mich als Pflegefachmann voll und ganz. Bei den Klientinnen und Klienten ist es zum allergrössten Teil ebenso. Nur wenige zeigen anfängliche Berührungsängste bei der Körperpflege. Aber nach ein paar Besuchen merken sie oft, dass das Geschlecht keine Rolle spielt. Es geht um Vertrauen und wie man die Arbeit macht.

 

Welchen Vorurteilen begegnest du als Mann in der Pflege?

Einige nennen mich humorvoll «Dr. Funk», andere denken, ich sei als Pflegefachmann nur für die Körperpflege zuständig. Doch Pflege ist so viel mehr als das. Wir können das Leben der Menschen in so vielen Aspekten bereichern, sei es psychologisch oder sozial. Ich sehe mich als eine wichtige Schnittstelle zwischen medizinischer Versorgung und menschlicher Interaktion.

 

Was gefällt dir und motiviert dich am meisten in deinem Beruf?

Die Tatsache, dass meine Arbeit einen unmittelbaren Einfluss auf das Leben der Menschen hat, ist äusserst motivierend. Ich kann den Unterschied machen und das gibt mir ein grosses Gefühl der Erfüllung. Die Arbeit mit Menschen und die Möglichkeit, etwas zu bewirken, ist einfach unbezahlbar.

 

Wie bringst du deine Arbeit, deine Ausbildung und deine Leidenschaft für den Sport unter einen Hut?

Sport ist für mich ein Ausgleich und eine Quelle der Freiheit. Ich plane meine Tage so, dass ich genügend Zeit für alles habe. Früher war ich Fussballspieler, aber heute widme ich mich dem Bergrennen, Velofahren und Langlaufen. Diese Aktivitäten sind meine Art, mich gleichzeitig auszupowern und zu erholen, es gibt mir Energie. Die 24 Stunden, die zur Verfügung stehen, müssen einfach für alles reichen.

 

Dominic Funk, Pflegefachmann HF in Ausbildung bei der SGO

«Ich sehe mich als eine wichtige Schnittstelle zwischen medizinischer Versorgung und menschlicher Interaktion.»

Welche Perspektiven und Chancen siehst du nach deinem Abschluss als Pflegefachmann HF?

Nach meinem Abschluss werde ich sicher noch mindestens drei Jahre bei der SGO arbeiten. Da ich bemerkt habe, dass ich im Spital sehr viel lernen kann, hoffe ich, viel Zeit dort verbringen zu können. Ich freue mich darauf, weiterhin in der Pflege zu arbeiten und mich im Gesundheitswesen weiterzubilden.

 

Stört dich der vermutlich niedrigere Lohn im Vergleich zu früher nicht?

Früher wartete ich regelrecht auf das Wochenende. Jetzt, in der Pflege, habe ich zwar einen geringeren Lohn, aber ich habe eine tiefere Zufriedenheit und vergesse oft, welchen Wochentag wir haben. Ich schätze die Spontanität in meinem Leben und habe Zeit für all die Dinge, die wirklich zählen. Die Schichtarbeit ist grossartig, da ich sehr viel Zeit für mich habe, im Gegensatz zu meinem früheren Job, in dem ich oft mehr Überstunden leisten musste.

 

Hast du abschliessend einen Rat für angehende Pflegefachleute?

Mein Rat wäre, dranzubleiben. Am Anfang kann die Pflege überwältigend erscheinen, aber mit der Zeit wird sie faszinierend und lehrreich. Mit der berufsbegleitenden Ausbildung habe ich zudem die richtige Balance gefunden. Es ist ein Beruf, der sich lohnt.

 

Das Ausbildungssystem in der Pflege

 

Beatrice Trüb, Leiterin Ausbildung Pflege bei der SGO, gibt einen Einblick in die Struktur des Ausbildungssystems in den Pflegeberufen.

In den Pflegeberufen gibt es zwei Hauptstufen der Ausbildung. Auf der Sekundarstufe II gibt es die klassische Lehre, bei der die Lernenden in der Berufsschule theoretisches Wissen erwerben und in überbetrieblichen Kursen praktische Fähigkeiten erlernen. In der betrieblichen Praxis machen sie den finalen Kompetenzerwerb.

 

Auf der Tertiärstufe, der Hochschulstufe, gibt es die Möglichkeit, den Beruf zur Pflegefachperson HF oder FH zu erlernen. Hier erfolgt die Ausbildung an zwei Lernorten: in der Schule für Theorie und praktische Fertigkeiten sowie in den Praktika in Pflegebetrieben. Dabei werden die Lernenden von Fachpersonal begleitet und überwacht, um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten, Bewohnenden sowie Klientinnen und Klienten zu gewährleisten.

 

Die Pflegeausbildung in der Region Oberengadin – einzigartig

Die Pflegeausbildung in der SGO ermöglicht es, durch Rotation in verschiedenen Bereichen (Akutpflege, Langzeitpflege, Spitex) vielfältige Einblicke und Erfahrungen zu sammeln und die integrierte Versorgung praxisnah zu erleben. Dies erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit und Übernahme von Verantwortung seitens der Lernenden und Studierenden. Zudem ist dieselbe Pflegehandlung in der Ausführung nicht immer gleich, sondern wird individuell auf die Pflegesituation angepasst. Dies einzuschätzen und richtig anzupassen ist laut Beatrice Trüb genauso spannend wie herausfordernd und macht die Pflege so abwechslungsreich, faszinierend und einzigartig.

 

 

 

Kontakt 

Beatrice Trüb, Leiterin Ausbildung Pflege bei der SGO

Tel. +41 81 851 80 64

ausbildung@spital.net